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Grundfarben noch immer im Gedächtnis

Susanne Krahe erblindete im Alter von 30 Jahren Wie ist es, wenn man auf einmal nichts mehr sehen kann, als junger Mensch aus dem Leben gerissen wird und plötzlich einen Großteil der Zukunftspläne verwerfen muss? Die erblindete Schriftstellerin Susanne Krahe musste sich diese Fragen an ihrem 30. Geburtstag stellen. Später lieferte sie in ihrer Autobiografie "Der Geschmack von Blau - Was ich weiß, seit ich nichts mehr sehe" Antworten darauf. Nun hat sie bei einer Lesung vor Kamener Schülern aus ihrem Leben erzählt. Unterstützt von Organisatorin Andrea Aschendorf trug Krahe am Gymnasium kurze Passagen aus ihrer Biografie vor und erzählte im Anschluss persönliche Geschichten, die die Ausschnitte untermauerten. So sieht die Schriftstellerin die Schuld an ihrer Erblindung bei sich selbst. "Ich habe die Diagnose Diabetes mit 18 Jahren bekommen. Doch an die daraufhin verschriebene Diät habe ich mich nie gehalten, weil ich nicht auf Süßigkeiten verzichten wollte. Ich bin also selbst schuld daran", sagte sie. Nach anfänglicher Zurückhaltung merkten die Schüler rasch, dass Krahe nicht bemitleidet werden möchte, sondern mit beiden Beinen im Leben steht. Sie erzählte von ihren Reisen in die USA, nach Neuseeland und in den Süden Europas. Seit ihrer Erblindung nimmt sie ihre Reiseorte viel intensiver wahr und genießt es, neue Sprachen und Geräusche zu erfahren. "Ich träume nicht farbig, sondern schwarz-weiß. Aber ja, ich sehe noch Bilder in meinem Kopf und träume teilweise auch von Personen, die ich kannte oder die ich mir vorstelle", erklärte sie. An viele Farben erinnere sie sich leider nicht mehr, nur Grundfarben seien im Gedächtnis geblieben. Die Schriftstellerin begeisterte ihr Publikum im Anschluss mit einem sogenannte "Milestone für Blinde", einem Gerät, welches auf Berührung hin Farben erkennt. Auch das Thema Organspende wurde diskutiert, da Krahe seit vielen Jahren mit zwei Spender-Organen lebt, die sie vor dem Tod bewahrt haben. Susanne Krahe hat die Schüler beeindruckt. "Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es ist, als Blinde zu leben, aber die Lesung hat einen spannenden Einblick geboten und gezeigt, dass Blindsein nicht unbedingt schrecklich sein muss", sagte Anna Böhme.

(Ann-Christin Herbe, Jahrgangsstufe Q1; Fotoquelle: Hellweger Anzeiger)